Abirede 2003 - Vorgetragen von Daniel
Schulze:
Hochgeschätztes Auditorium, wir möchten sie begrüßen! Des Weiteren möchten
wir ganz besonders das Direktorat willkommen heißen. Hocherfreut sind wir auch
über die Anwesenheit unseres langjährigen Mentors Hardi Kunze.
Nun, da wir das Obligatorium abgehandelt haben, schließen sie bitte ihre
Augen, um uns auf der nun folgenden Phantasiereise begleiten zu können. Das
gilt auch für sie, die neuen Lehrer und auch sie Herr Orban! Wir schreiben das
Jahr 1994, sie befinden sich an einem idyllischen, kristallklaren Bergsee. Im
Wasser spiegeln sich die schneebedeckten Gipfel der umliegenden Dreitausender.
Sie bemerken gar nicht, wie Hunderte von Kilometern entfernt das Unheil seinen
Lauf nimmt. Das Leben von mehr als 100 Menschenkindern nimmt eine
folgenschwere Wendung: Ihre Eltern haben sich für die gymnasiale Schullaufbahn
dieser Sprösslinge entschieden...Die Vögel zwitschern, in 1500 Metern Höhe
zieht eine Kohlmeise ihre Bahnen, in der Nährschicht des Sees stirbt eine
Kaulquappe...Am Ehrenbürg Gymnasium Forchheim rutscht ein Schüler auf einem
achtlos weggeworfenen Kaugummi aus...Flora und Fauna befinden sich in voller
Blüte, die Bergluft ist kühl und rein, in der Aula riecht es nach Fisch.
Ein Schüler benutzt regelwidrigerweise die Lehrertoilette [Punkt] In den
sanften Wellen des Sees schwimmt eine Entenfamilie. Ein Karpfen schnappt nach
Luft...Diverse Schullandheime Oberfrankens erleben eine Invasion von
ungestümen Fünftklässlern...Für wenige Augenblicke verdunkelt sich der Himmel
aufgrund einer Akkumulation von Schäfchenwolken...Regen durchdringt das Dach
der Turnhalle, sie wird renoviert...Ein Fisch verspeist ein Plankton und ein
Wasserläufer erfreut sich seines Lebens. Jahre ziehen ins Land, Karl der Käfer
wird geboren...Es findet ein Info-Abend für Eltern statt. Eine weitere
tragische Entscheidung steht bevor. Für manche beginnt mit Französisch eine
ROSIGE Zukunft, andere entscheiden sich für eine tote Sprache...Die Kohlmeise
fällt einem Weißkopfseeadler zum Opfer und auch im See nimmt die Nahrungskette
ihren Lauf. Die Entenküken jedoch ahnen nichts von alledem. Plötzlich wird die
Idylle von einem Schmerzensschrei durchdrungen...Im Nachbartal fährt ein
Schüler des EGF einem anderen mit dem Ski über den Daumen...Dies bringt jedoch
den auf Nahrungssuche befindlichen Mäusebussard nur kurzzeitig aus dem
Konzept...Derweil treiben die heranwachsenden Menschenkinder allerlei
Schabernack mit ihren Lehrkräften.
Sie brauchen eine neue Aufgabe: Edwin& Co führen sie in die Geheimnisse der
Chemie ein...Während ein Molch auf Partnersuche ist, lugt ein Murmeltier aus
seinem Bau hervor. Einmal mehr muss es beobachten, wie die grausige Realität
des Fressens und gefressen Werdens zuschlägt: die erbkoordinierte Endhandlung
einer Kröte setzt dem Leben einer unschuldigen Fliege ein jähes
Ende...Währenddessen geschieht auch am EGF Schreckliches. Die zunehmende
Frequentierung des Fahrradparkplatzes durch Gesetzesbrecher veranlasst zu
einem Appell durch den schuleigenen Volksempfänger [Komma] die Zweiräder in
ausreichendem Maße gegen Entwendung zu sichern...Bei einer Nesträuberei
zerstört ein Marder pränatales Lerchenleben. Die Amsel füttert ihre Jungvögel
und ein unerfahrener Erpel balzt eine Graugans an...Es knallt. Knallgas wurde
durch ausreichende Aktivierungsenergie zu einer hochgradig exothermen Reaktion
angeregt...Karl der Käfer macht sich über eine Blattlaus her, womit er seinen
Beitrag zum ökologischen Gleichgewicht leistet...Dank unseres Hermanns erobert
das Fach Sozialkunde die Herzen der Schüler; durch seinen selbstironisch
chauvinistischen Humor hat er die Lacher, zumindest die der Jungen, stets auf
seiner Seite...Ein liebliches Rehkitz erquickt sich am kühlen Nass des Sees
und Käuzchenschreie erklingen...Während einigen rebellischen Schülern der
Arsch auf Grundeis geht, rutscht eine Lehrkraft auf einem Butterbrot aus. Hier
drängt sich die Frage auf, ob sich dieser Vorgang durch mathematische
Kurvengleichungen ausdrücken lässt...Die Schatten werden kürzer, die
Biodiversität nimmt zu. Die rote Landkrabbe schleift ihre Scheren...
Unser ehrwürdiger Oberstudiendirektor Herr Dr. Ramming wird ersetzt, der
langjährige Hausmeister Wolfgang Schaupp verlässt das EGF; Hansi Müller und
Familie stoßen zur Schulgemeinschaft und schließen diese Lücke...Luchs und Bär
re-etablieren sich. Dies stellt für die Entenküken eine vitale Bedrohung
dar...Hardi Kunze zieht sich aus dem aktiven Berufsleben zurück...Karl der
Käfer kommt in die Jahre und beschließt, einen desertierten Fuchsbau als
Alterswohnsitz aufzusuchen...Ein Düsenjäger durchbricht die Schallmauer, Herr
Palt bewegt seinen Kopf marginal zu Seite...Im Röhricht machen den neu
herangewachsenen Entenküken Moskitos das Leben zur Hölle auf Erden. Der
Habicht fliegt zu seinem Horst...Die wohlbehüteten Menschenkinder wagen erste
Schritte in urbane Zentren. Manche finden sich in einem Asylantenheim wieder,
andere suchen ihren Lehrer in Hamburg nachts um halb eins...Am See erblickt
ein Enkel von Karl dem Käfer das Licht der Welt- Kurt der Käfer. Eine
Rohrdommel putzt ihr Gefieder, die Wipfel der Bäume wiegen sich im sanften
Wind...Abermals steht eine weitreichende Entscheidung bevor. Einige wenige
werden von einem Hammer-Französisch-Leistungskurs erwartet, die übrigen
möchten sich ihr Abi verdienen. Diese Leistungskurswahl wird jeden bis zum
Ende seiner Schullaufbahn verfolgen...Ein Borkenkäfer befällt eine am Ufer
stehende Lärche und zwei Seidenspinnerraupen schließen eine Allianz gegen drei
Kreuzspinnen [Punkt] Die Herren Komma und Burkard hegen und pflegen den
Schulgarten. Der Pausenhof Süd und ein neu angelegter Unterrichtstrakt
entstehen. Die Lebensqualität der Schüler nimmt zu...Die Silhouette der
umliegenden Dreitausendfünfhunderter gleicht einem schlafenden Koalabären. Das
Alpenglühen Durchbricht das Laubdach und färbt den See blutrot...Ein Reh
kreuzt den Weg. Ein Schüler entgeht dem Tod nur dank des massiven Motorblocks
seines Volkswagen Golfs...Eine Wolke spiegelt sich in der Wasseroberfläche und
ein Biber fällt einen Baum...Schüler mit schwarz-rot-güldenen Fahnen erobern
das europäische Ausland im Osten, im Süden wie im Westen. Hinter der finalen
Niederlage des deutschen WM-Teams wird generalstabsmäßige Korruption
vermutet...Ein alternder Hecht fällt dem Kannibalismus eines jungen
Konkurrenten zum Opfer und ein Karpfenweibchen leicht in eine
Moränengrotte...Wegen beengter Verhältnisse auf dem EGF-Parkplatz ergibt sich
ein gigantisches Konfliktpotential mit dem immer auf die Sicherheit seiner
Mitmenschen bedachten Inspektor Heinz Hanna. Zu dessen Missfallen wird seine
lieb gewonnene Überwachungskamera zum Emblem einer gewissen
Lächerlichkeit...Ein handtellergroßes Pfauenauge bereichert die Kollektion
eines britischen Schmetterlings-Liebhabers und in Washington entschließt sich
ein Texaner, Krieg gegen den Irak zu führen...
Ausgelassen feiern die nunmehr zumindest physisch herangewachsenen
Menschenkinder die Terminierung ihres ersten bedeutenderen literarischen
Ergusses und setzen ihre Freude öffentlichkeitswirksam in destruktive Energie
um [Punkt] Ein beliebter Jugendtreff bekommt hierdurch ein architektonisches
Charakteristikum...Nach dem Verzehr eines gigantischen Seerosenblattes ist
Kurt der Käfer herangewachsen und die Widerhaken eines Bienenstachels bohren
sich in das Nasalganglion einer Schlupfwespe...Zeitgleich wirft ein achtloses
Menschenkind eine metallene Sitzgelegenheit gegen ein zufällig vorbeifahrendes
Personenkraftfahrzeug...Eine 2,23 Meter lange Ringelnatter scheitert bei dem
Versuch, eine Bisamratte zu töten, woraufhin sie den Freitod im Bergsee in
Kauf nimmt...Bei der Landung einer Wasserbombe in einem Gesicht hingegen
verzehrt Kurt der Käfer in aller Seelenruhe eine Küchenschabe und eine
Gerölllawine begräbt das Altersdomizil von Karl dem Käfer unter sich...
Hier hält nun ein außerordentlich würdiger Vertreter der Menschenkinder eine
unkonventionelle und unübertroffene Abirede, während ein Blatt in unseren
Bergsee fällt und dieser, da die Phosphatfalle versagt, schließlich umkippt.
Sie dürfen die Augen nun wieder öffnen, der Traum ist vorbei [Komma] die
zukunftslose Realität liegt vor den mit Reifezeugnissen ausgestatteten
Volljährigen.
Ich nun als ein außerordentlich würdiger Vertreter…..
Und jetzt für die Frauenquote: Ich als eine außerordentlich würdige
Vertreterin möchte mich hier an dieser Stelle stellvertretend für die
Gesamtheit des Jahrgangs bei den Sekretärinnen, der Lehrkörperin, dem
Kollegstufenbüro und unseren beiden Kollegstufenbetreuern, die immer etwas
Klarheit in die Wirren unseres Kollegiatinnenalltags gebracht haben, bedanken.
Sie waren großartig!!!
Hochverehrtes Auditorium, wir möchten uns verabschieden.
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